Auf großem Fuß: Superauflösung in Adobe Photoshop CC
Die Bildauflösung spielt in der Mediengestaltung eine zentrale Rolle. Dennoch – oder gerade deswegen – ist das Hochrechnen von Fotos manchmal schlicht unvermeidlich.
Bisher war es nicht möglich, Bildinformationen nachträglich hinzuzurechnen. Dann kam KI auf den Plan.
Wer die Auflösung von Bildern schon mal jenseits einer geringen Toleranzspanne von maximal um die 141% hochrechnen musste, könnte von den praktischen Herausforderungen dieses an sich simplen Workarounds für das Fehlen von Bildinformationen sicherlich ein wahres Lied singen. Der Verlust an Bildschärfe ist bei Weitem nicht das einzige Problem. Sogar die geringsten Kompressionsartefakte treten nämlich ganz unerwartet einprägsam zum Vorschein.
Fehler der chromatischen Aberration sind plötzlich ohne manuelles Nachbessern aus dem Bildmotiv nicht mehr wegzudenken und über verwischte Katen eines Schriftzugs kann nicht einmal das ungeübte Auge so einfach hinwegsehen. Ein/e erfahrene/r Mediengestalter/in lässt sich davon ganz sicher nicht beirren.
Im Gegensatz dazu haben Auftraggeber in der Mediengestaltungsbranche generell wenig Verständnis dafür, dass qualitativ hochwertige Drucke eine adäquat informationsreiche „Mosaik“ aus Pixeln nun mal wirklich brauchen. Das gelieferte Material reflektiert oft dieses Unwissen. Mediengestalter müssen es in der Praxis dann in Photoshop ausbaden.
Her mit der KI
Die unliebsamen Nebenwirkungen einer künstlich „aufgebesserten“ Bildauflösung über den Menüpunkt „Bild > Bildgröße“ können mit einem motiv- und aufgabengerechten Algorithmus etwas in den Hintergrund treten. Eines ist dennoch gewiss: Photoshop CC konnte bisher nicht genug an Details aus freien Stücken in ein Bildmotiv „hineindenken“, um den Verlust an Bildqualität adäquat zu mildern. Mit der KI Adobe Sensei vielleicht?
Adobe Sensei bildet den Unterbau der Funktion „Verbessern“ im Arbeitsmodus „Superauflösung“ in Camera Raw (ab der Version 13.2 vom März 2021). Dieses Feature erlaubt es den Anwendern, die Bildqualität zu erhöhen, um grosse Drucke zu erstellen oder die Auflösung eines Bildausschnitts mal eben hochzurechnen.
Die Funktion „Verbessern“ steht dem Benutzer nach dem Öffnen einer Bilddatei in Camera Raw im Kontextmenü am Mauszeiger beim rechten Klick mit der Maus auf die Leinwand oder den Filmstreifen zur Verfügung. Das folgende Dialogfeld bietet Ihnen zwei interessante Arbeitsmodi: „Raw-Details“ und „Superauflösung“.
Raw-Details
Die Funktion „Raw-Details“ ist nur für Bayer- und Trans-X-Raw-Dateien verfügbar. Bei diesen Bildern errechnet Photoshop anhand zusätzlicher Sensordaten einer Raw-Datei klare Details und genauere Kantendarstellungen, verbessert die Farbwiedergabe und reduziert Artefakte, belässt jedoch die Auflösung der Originaldatei unverändert. Dementsprechend zeigt auch die Vorschau das optimierte Bild in der Standardvergrösserung an. Ein Klick auf die Schaltfläche „Verbessern“ erzeugt eine optimierte DNG-Version der Ausgangsdatei mit demselben Dateinamen ergänzt um das Suffix „-Verbessert.dng“.

Die unterstützten Dateitypen sind Raw-Mosaikdateien von Kameras mit Bayer-Sensoren (Canon, Nikon, Sony, etc.) und Fujifilm X-Trans-Sensoren (also Bayer- und X-Trans-Raw-Dateien), ansonsten ist das zugehörige Optionskästchen nicht verfügbar. Der Trick mit „Raw-Details“ funktioniert ja auch logischerweise nur einmal. Ein zweites Mal möchte sich Photoshop mangels der benötigten Sensordaten auch nicht mehr darauf einlassen.
Als kleines Trostpflaster mit grossem praktischen Nutzwert hat Adobe der Funktion „Verbessern“ des Camera Raw-Moduls den Arbeitsmodus „Superauflösung“ spendiert. Dieser Arbeitsmodus macht sich die Künstliche Intelligenz Adobe Sensei zunutze und unterstützt nicht nur bestimmte Raw-Dateien, sondern alle gängigen Bildformate.
Superauflösung
Die Funktion „Superauflösung“ in Adobe Camera Raw ermöglicht die Erstellung einer verbesserten Darstellung des Motivs einer Ausgangsdatei in doppelter linearer Auflösung. Ein so optimiertes Bild hat also genau doppelt so viele Pixel in der Breite und doppelt so viele Pixel in der Höhe, also verfügt über die vierfache Gesamtpixelzahl wie das Originalbild.
Dank Adobe Sensei kann Superauflösung schon mal mit ähnlichen visuellen Ergebnissen wie Raw-Details trumpfen, obwohl Camera Raw die benötigten Sensordaten fehlen.
Diese beiden Features, also Raw-Details und Superauflösung, verstehen sich als ein Workaround für den Notfall, also das gelegentliche „Last-Minute“-Problem mit angelieferten Rohdaten. Medienschaffende können diese Features durchaus in Betracht ziehen, wenn es darum geht, die Auflösung eines Bildes für die Druckausgabe unbedingt dringend zu erhöhen.
Schritt-für-Schritt zur KI-optimierten Bildschärfe
Die Funktion „Superauflösung“ kann schon mal erstaunlich glaubwürdige Resultate hervorbringen. Das Ergebnis schwankt von Motiv zu Motiv. Dennoch ist das Feature einen Versuch wert.
Schritt 1. Bild in Camera Raw öffnen
Beim Öffnen einer Bilddatei zum Hochrechnen in Camera Raw ist eigentlich nichts Besonderes zu beachten. Beim Öffnen von RAW-Dateien meldet sich Camera Raw ja automatisch zu Wort.
Wer mit TIFF- oder JPEG-Bildern arbeitet, muss die Unterstützung dieser Dateiformate in Camera Raw erst noch aktivieren, damit sie nicht direkt nach Photoshop wandern. Hierzu starten Sie Adobe Bridge und navigieren über das Menü „Bearbeiten“ (oben in der Menüleiste) zum Eintrag der Camera-Raw-Voreinstellungen in Adobe Bridge. Die benötigte Einstellung für JPEG- und TIFF-Dateien finden Sie hier im Abschnitt „Dateihandhabung“.
Nachdem Sie die zugehörige Option aktiviert haben, meldet sich beim Versuch, diese Bildformate in Photoshop zu öffnen, stattdessen wie geünscht Camera Raw zu Wort.
Camera Raw lässt sich zwar alternativ auch als ein Photoshop-Filter aus dem Menü „Filter“ in der Programmleiste aufrufen (vorzugsweise als ein Smart Filter der zugehörigen Ebene). Doch leider ist bei dieser Vorgehensweise der Filmstreifen in Camera Raw nicht verfügbar und so ist auch der Aufruf der Funktion „Verbessern“ nicht möglich. Dem Benutzer bleibt somit nichts anderes übrig ausser das betreffende Bild beim Öffnen an Camera Raw zu übergeben.
Schritt 2. Den Befehl zum Verbessern der Bildauflösung aufrufen
Nach dem Öffnen einer Bilddatei in Camera Raw genügt ein Klick bei gedrückter Control-Taste (Mac) bzw. mit der rechten Maustaste (Windows) auf die Leinwand oder auf eine Bildminiatur im Filmstreifen, um die Funktion „Verbessern“ über den gleichnamigen Eintrag im kontextsensitiven Menü am Mauszeiger aufzurufen.
Tipp: Um die Bildauflösung zu verbessern, ohne das Dialogfeld zu öffnen, halten Sie beim Aufruf des Befehls „Verbessern“ aus dem Kontextmenü am Mauszeiger in Camera Raw einfach die Wahltaste (macOS) bzw. die Alt-Taste (unter Windows) gedrückt. Photoshop wendet dann die zuletzt ausgewählte Option im Dialogfeld „Vorschau für Verbessern“ (also entweder Raw-Details oder Superauflösung) an.
Tipp: Um mehrere Bilder auf einmal zu verbessern, muss man sie alle auf einmal in Camera Raw öffnen, die betreffenden Miniaturen im Filmstreifen auswählen und dann den Befehl aus dem Kontextmenü „Verbessern“ aufrufen. Das Dialogfeld zeigt eine Vorschau nur für das erste ausgewählte Bild im Filmstreifen an, es werden jedoch alle Bilder mit der zuletzt ausgewählten Option (also „Raw-Details“ oder „Superauflösung“) bearbeitet, sobald Sie die Schaltfläche „Fotos verbessern“ betätigen. Photoshop macht dann den Rest von selbst.
Schritt 3. Superauflösung einstellen und Vorschau inspizieren
Im folgenden Bedienfeld aktivieren Sie einfach das Optionskästchen „Superauflösung“. Photoshop berechnet die Vorschau an einem kleinen Ausschnitt und zeigt die geschätzte Dauer des Gesamtvorgangs weiter unten an. Durch das Verschieben des Bildausschnitts der Vorschau mit der Maus auf der Leinwand der Originaldatei im Hintergrund oder direkt im Vorschaufenster können Sie sich ein Bild davon machen, wie das Resultat aussehen dürfte.
Über das Auszoomen-Symbol in der unteren rechten Ecke der Vorschau lässt sich das vollständige Bild in der Vorschau anzeigen, allerdings nur entsprechend verkleinert, denn die Größe des Vorschaufensters ist leider statisch.

Ein Klick auf die Schaltfläche „Verbessern“ und Photoshop legt los. Das resultierende Bild bleibt dann in Camera Raw geöffnet, bis Sie sich für einen weiteren Vorgang entschieden haben. Das Bild lässt sich hier abspeichern oder in Photoshop öffnen, wahlweise als eine Kopie. Camera Raw hat eine Variante der Abbildung mit dem Suffix „-Verbessert.dng“ am Ablageort des Originals für Sie bereits gespeichert.
Unterm Strich
Wem bei der „Last-Minute“-Druckausgabe die benötigte Auflösung fehlt, kann Adobe Camera Raw einspannen. Mit der Funktion „Verbessern“ lässt sich das eine oder andere imaginäre Detail in ein Foto glaubwürdig hineinrechnen.
Beim Aufbereiten von Bilddateien für den Grossformatdruck kommt das Feature mit seinen zwei alternativen Arbeitsmodi beinahe wie gerufen. Wunder sollte man davon aber nicht erwarten. Das Feature versteht sich eher als der Griff in die Trickkiste, wenn es sonst keine anderen Möglichkeiten gibt. Denn immerhin: Wenn traditionelle Arbeitsweisen fehlschlagen, ist es eben an der Zeit, mal ein Experiment zu wagen. Die zwei Arbeitsmodi „Raw Details“ und „Super Resolution“ sind einen solchen Versuch sicherlich wert.