CGI-Pionierleistung in vfx: von Lord of the Rings zu King Kong
Bei der Zweitverfilmung des Klassikers „King Kong“ mussten Filmschaffende immer wieder Neuland betreten. Die Resultate ihrer Pionierarbeit können sich immer noch sehen lassen.
Der Abenteuerfilm und Kassenschlager King Kong (Universal Studios) entstand genauso wie Herr der Ringe (New Line Cinema) unter der Regie von Peter Jackson. In beiden Fällen stand Peter Leslie hinter der Kamera. In beiden Fällen war die mehrfach nominierte neuseeländische vfx-Spezialistin Weta Digital a.k.a. Wētā FX am Werk. Für beide Werke wählten die Digitalkünstler Shake als die Compositing-Software. Und doch lagen zwischen den beiden Werken Welten an CGI-Leistung dazwischen.
Mit Herr der Ringe hatte Wētā FX bereits die Grenzen der Machbarkeit getestet; der Film heimste ja auch zwei Oscar-Nominierungen ein, für Best Achievement in Art Direction und Best Achievement in Visual Effects. Doch bei King Kong hat sich das Team eine noch größere Aufgabe vorgenommen: eine überdimensionierte „Gorilla-Leistung“.
Zurück in die 30. Jahre
Was war daran so schwierig? King Kong spielt im New York der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts und im tropischen Dschungel, der Hauptprotagonist ist ein überdimensionierter pelzbedeckter Gorilla, der sich mit Dinosauriern abgibt. All diese „Eckdaten“ stellten die Filmschaffenden vor einzigartige Herausforderungen.
So galt es erst einmal, den Flair der Stadt New York der damaligen Zeit glaubwürdig zu vermitteln und von Szene zu Szene einen stimmigen Gesamteindruck zu schaffen, der im Zeitgeist der Ära bleibt. Hierzu wurden ganze Stadtviertel, Autos und Straßenbahnen, Gebäude, aber auch kleinste Details der Kleidung nachempfunden, damit sich der/die Zuschauer/in in die damalige Ära zurückversetzt fühlte.
Die Dreharbeiten fanden in einem Filmstudio im neuseeländischen Wellington und nicht in New York statt. Denn das Ambiente und das Flair der Ära liessen sich nur in der Post-Produktion überzeugend nachstellen.
Her mit der Technik!
Bei den Dreharbeiten setzten die Filmemacher auf zwei ARRIFLEX 435 ADVANCED Kameras, zwei ARRICAM LTs, eine ARRICAM ST und eine ARRIFLEX 235 (wohlgemerkt gemietet, nicht gekauft).
Die ARRIFLEX 235 war zum Zeitpunkt des Drehs übrigens noch ein Prototyp, aber sie konnte den Regisseur Peter Jackson und den Cinematographen Peter Leslie mit ihrer leichtgewichtigen Bauart und der hohen Bildqualität überzeugen; man konnte sie einfach über die Schulter werfen und durch das Filmset losrennen.
King Kong ließ sich jedoch unmöglich mit denselben Mitteln bewältigen, die beim ebenso berühmten Vorgängerwerk Herr der Ringe zum Einsatz gekommen waren. Hier war ein technologischer Quatensprung vonnöten.
Die Notwendigkeit für Motion-Capture und Motion-Tracking, das Rendern von Wasser, Rauch und Nebel, Fell und anderen anspruchsvollen Texturen, Beleuchtungseffekten und Partikelsimulationen, stellten höhere Anforderungen an die Hardware.
Hinzu kamen die üblichen Tricks aus der Post-Produktion wie das Keying und RotoScoping in Shake. Die Kombination aus beiden Methoden erlaubt es über kleine und grössere Unperfektionen hinwegzusehen und Shots nicht zur Ermüdung zu wiederholen. So können die Filmemacher über all jene Imperfektionen bei der Aufnahme hinwegsehen, die sich in der Post-Produktion mittels Apple Shake wieder ausbügeln lassen. Statt totaler Perfektion reicht stellenweise gut genug bereits aus.
Andernfalls wäre es erforderlich, neue Takes zu schiessen und ob diese dann unbedingt besser werden würden, wüsste man ja erst im Nachhinein. Alles hat Grenzen. Auch kann man menschlichen Schauspielern nicht beliebig viele Encores abverlangen.
Die Footage wurde mittels des ARRISCAN in das sogenannte digitale DI-Zwischenformat (Digital Intermediate) gebracht. Hierbei entstanden insgesamt über 3 Millionen Frames, mehr als beim «Herr der Ringe». Danach wurden die Daten farbkorrigiert und mittels Color Grading farboptimiert, dann in Apple Shake komponiert und am Ende wieder mittels Weta Digitals eigenem ARRILASER-Filmrekorder als 35mm Academy-Film ausgegeben. King Kong renderte auf sagenhaften 4.400 Prozessoren, verschluckte 130 TeraByte Online-Storage und 500 TeraByte Offline-Datenspeicher.
Leistungsfähige Keyer in Shake lassen freigestelltes Haar und Fell nahtlos mit dem Hintergrund verschmelzen. Da der Close-Up der Schauspielerin und der Hintergrund jeweils separat gefilmt wurden, musste man den perfekten Sonnenuntergang, ob im Dschungel Neuseelands oder vor der New Yorker Skyline, nicht erst noch abwarten.
Digital Doubles
Hauptdarsteller werden so gut wie nie in gefährlichen Szenen eingesetzt und mittlerweile sind es noch nicht mal menschliche Doubles.
Szenen wie das Duell von Kong mit Tyrannosaurus Rex oder der Lauf King Kongs durch den Dschungel mit Ann Darrow in der Faust wärem auch für gewiefte Stuntleute unzumutbar und so hat sich Weta Digital entscheiden, zum ersten Mal digitale Doubles der Schauspieler im grossen Stil einzusetzen. Für die Beleuchtung der digitalen Doubles mussten die Digitalkünstler komplett neue Wege beschreiten.
Für Drehs, die für menschliche Wesen aus Fleisch und Blut zu gefährlich wären, wurden die Gesichter der Haupdarsteller/in von einem 3D-Scanner erfasst. Hochaufgelöste Geometriedaten wurden in Pixars RenderMan verarbeitet. Das Material wurde allesamt in Shake „montiert“.
Eine der unschätzbar wichtigen Eigenschaften der Compositing-Applikation Shake war die Fähigkeit, anhezu beliebige Datenformate und Auflösungen einzulesen und dank QuickTime (damals in der glücklichen Version 7) und der mit Shake mitgelieferten Applikation Apple QMaster auszugeben.
Für die vielen Action-Szenen war Weta Digital bereits recht gut ausgestattet und konnte auf Erfahrungen aus der Produktion von Herr der Ringe oder iRobot zurückblicken. Dennoch griffen viele der bestehenden Tricks und Techniken immer wieder zu kurz. So mussten die Künstler etwa bei der Beleuchtung der digitalen Doubles neue Wege beschreiten.
Zur Erstellung der digitalen Doubles konnten die Filmemacher auf ein strukturiertes Lichtscannsystem vom ICT Graphics Lab der USC namens «Light Stage» zurückgreifen. So kam die mega-realistische Beleuchtung zustande.
Ganz elementär
Ein Mix aus gerendertem Material und den sogenannten Elementaufnahmen (Engl. elements shots) wie rollende Steine oder zerstreuter Sand wirkt generell glaubwürdiger als rein computergenerierte Inhalte.
So haben die Filmemacher etwa für jene Szene, in der die Rettungsmission durch einen Canyon zwischen aufgeschreckten Dinosauriern flüchtet, digitale Doubles mit echten Aufnahmen der Schauspieler überlagert und mit sogenannten Elementaufnahmen (hauptsächlich von Sand und Steinen) angereichert.
Motion Capture
Eine besondere Herausforderung stellte die Animation des Hauptprotagonisten King Kong dar, in anderen Worten: die Bewegungserfassung (Engl. motion capture a.k.a. MoCap).
Das MoCap-System von Giant Studio hatte sich bereits bei der Animation von Gollum in Herr der Ringe bewährt. Dort musste es jedoch nur vergleichsweise simple Körperbewegungn erfassen (Engl. body capture). Es diente lediglich als Vorlage zur visuellen Orientierung der Schauspieler. Nicht so bei King Kong.
In King Kong ging das Team von Weta Digital einen bedeutenden Schritt weiter. Hier griffen die Filmemacher mit anspruchsvoller Bewegungsanalyse (Engl. motion analysis) tiefer in die Trickkiste.
Um schließlich auch noch die Grimassen des Gorillas zu simulieren, wurden am Gesicht des Darstellers insgesamt 132 Sensoren befestigt.
Wie gross die Herausforderung war, King Kong termingerecht zu mastern, sieht man auch daran, dass Weta Digital das Team von 420 auf 500 Experten aufstocken musste. Doch während das Personalbestand gerade einmal um 25% zunahm, musste eine Renderfarm mit doppelt so viel Rechenkapazität her.
Post-Viz
Normalerweise ist der Arbeitsablauf recht eindeutig, um nicht zu sagen einseitig. Erst kommt die Produktion (Engl. production), danach die Postproduktion (post production) mit vfx, Color-Grading und Compositing und dann schließlich die finale Ausgabe. Joe Letteri hat mit Post Visualization, a.k.a. Post Viz, wieder Neuland betreten.
In Post Viz wechselwirken Production und Post Production miteinander, indem die Resultate aus der Postproduktion als verbessertes Ausgangsmaterial in die Pre-Production wieder hineinfließen.
Um den Rechenaufwand zu senken, haben die Filmemacher bei groben Bluescreen-Edits mit den sogenannten Proxies hantiert. In Shake war die (reduzierte) Proxy-Auflösung eine einzige Einstellung, die dafür sorgte, dass man mit der lokalen Workstation auch sehr anspruchsvolle Projekte bearbeiten konnte, ohne jederzeit die ganze Renderfarm zu bemühen.
Anders als in konkurrienden Compositing-Applikationen ließ in Shake die Ausgabeauflösung jederzeit senken und bei Bedarf wieder erhöhen, indem man die nicht benötigten Knoten für die Ausgabe abschaltete. Man kann so per Klick in jeder beliebigen Auflösung ausgeben.
Unterm Strich
Die Tricks werden immer ausgefeilter, doch im Großen und Ganzen ändert sich nichts.
Nach dem Motto von Apples Rivalen Adobe könnte man sagen: If you can dream it, you can do it.